Heute morgen im Deutschlandfunk: ein Bericht über die Pegida-Proteste, bei denen zur Zeit Rechtspopulisten die Straßen bevölkern. Im Beitrag eine Kurzanalyse – nein, das wären nicht alles Rechtsradikale, denn normalerweise würden solche Menschen bei den Aufmärschen der Nazis nicht mitlaufen. Das käme schon aus der Mitte der Gesellschaft, vielleicht noch vom bürgerlich-rechten Rand. So ein Statement lullt ein, und es entspricht nicht den Tatsachen. Warum das so ist, was die Parallelen zu faschistischen Ideologien und Ritualen sind und vor allem: was die AfD damit zu tun hat sind einige Erkenntnisse, die zeigen, dass man sehr wohl aus der Geschichte lernen sollte. Zunächst einmal: Wer geht da auf die Straße? Spiegel und Zeit sprechen von ‚Menschen aus der Mitte der Gesellschaft‘, und bereits an dieser Stelle wird es problematisch. Denn was ist das? Und was bewegt diese Menschen, sich an Protesten gegen was-auch-immer zu beteiligen? Menschen, die der Extremismusforscher Alexander Häusler mit
Diese Leute, die sich als „deutsches Volk“ verstehen, als Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, sind über die Entwicklungen so frustriert, dass sie glauben, sie müssten rebellieren.
umschreibt? Hier treibt die Analyse dann seltsame Blüten, wenn der Fall als potentiell gefährlich, aber eigentlich ein AfD-Problem deklariert wird.
In Dresden geht der Rentner auf die Straße, der sich um die sogenannte Islamisierung seiner Heimat Sorgen macht oder der Angst hat, dass Weihnachten in „Winterfest“ umbenannt wird. Er bewegt sich dort einhellig neben dem Hooligan und dem Kameradschaftsführer. Das ist eine merkwürdige Mischung aus empörten Wutbürgern und Rechtsaußen-Aktivisten.
Und weiter:
Die AfD wird die Geister, die sie in ihrer Gründungsphase gerufen hat, nicht mehr los. Sie hat ein Problem mit Rechtsextremen.
Nein. Das ist falsch. Und das wird auch nicht besser, wenn man es wie ein Mantra herunterbetet. Den es widerspricht allem, was wir von der Geschichte hätten lernen sollen und können. Dazu ein kleiner Ausflug in die Arbeiten von Hannah Arendt, die sich angesichts des Eichmann-Prozesses verstörend eindeutig dazu äußerte, welche Menschen für faschistische Ideologie und Handlungen anfällig sind. Sie bezeichnete das mit dem Wort „Banalität des Bösen“. Und in Konsequenz bedeutete das:
Im Nationalsozialismus waren alle Schichten der offiziellen Gesellschaft an den Verbrechen beteiligt. Als Beispiel nennt sie eine Reihe antijüdischer Maßnahmen, die dem Massenmord vorangegangen waren und die in jedem Einzelfall gebilligt worden waren, „bis eine Stufe erreicht war, daß Schlimmeres überhaupt nicht mehr passieren konnte“. Die Taten wurden nicht von „Gangstern, Monstern oder rasenden Sadisten begangen, sondern von den angesehensten Mitgliedern der ehrenwerten Gesellschaft“. Folglich sollten diejenigen, die mitmachten und Befehlen gehorchten, nie gefragt werden: „Warum hast du gehorcht?“, sondern: „Warum hast du Unterstützung geleistet?“
Da sind sie, die Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die ubiquitär ein ‚Man wird ja noch sagen dürfen‘ auf den Lippen führten und heute noch führen. Es gibt ihn immer noch, den Teil der Gesellschaft, der sich als ’schweigende Mehrheit‘ definiert und damals wie heute kein Problem damit hat, Seite an Seite mit faschistischen Schlägern zu demonstrieren. Solange sie nicht in die Nazi-Keilereien verwickelt sind haben sie kein Problem mit der Ideologie, und das war in den 30ern nicht anders.
Der Schluss liegt Nahe: eine Partei, die sich gemein macht mit NPD-Funktionsträgern und Hooligans, die sich in scheinbaren Bürgerinitiativen engagiert, die Raum für die ’schweigende Mehrheit‘ mit Hilfe von Rassismus und Demagogie bietet ist im Grunde genommen nichts anderes als eine gelackte Nazipartei. Punktum.
Dazu passt der Beitrag von Tobi Schlegl ganz gut: http://www.ardmediathek.de/tv/extra-3/Schlegl-in-Aktion-Moslems-gegen-die-Ver/NDR-Fernsehen/Video?documentId=25274316&bcastId=3709210