Mittlerweile schreiben wir den Frühsommer 2014, und so langsam beginnt das Projekt ‚Landesaktionsplan‘ für den LSVD Schleswig-Holstein so richtig rund zu laufen. Die Gelder sind aufgeteilt, die ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen schreiben fleißig Themen für die Broschüre und mehr zusammen. Zeit, an die Öffentlichkeit zu gehen und sich selbst zu feiern.

Erster Termin der Feier wird eine Veranstaltung im Landeshaus am 1. Juli 2014, bei der man sich – in Anwesenheit der Sozialministerin Kristin Alheit – selbst über den grünen Klee lobt.

Spätestens als Petze-Geschäftsführerin Ursula Schele sich selbst mit einer hölzernen Regenbogen-Perlenkette zur allerentschiedensten Verfechterin der Gleichstellung von Lesben und Schwulen und überhaupt inszeniert muß allen klar sein: das wird eine vollkommen verlogene Veranstaltung. Alle sind toll, alle sind bunt, und überhaupt ist alles echt, vielfältig und prima. Was für ein Kontrastprogramm. Bisher profilierte sich Ursula Schele doch eher damit, die Sichtbarkeit von Lesben in frauenpolitischen Zusammenhängen möglichst gering zu halten. Erfolgreich, denn eine landesweit geförderte Lesbenarbeit gibt es inzwischen nicht mehr.

Ministerin Ahlheit freut sich. Und das Bild stammt von Kolja von der Lippe

Ministerin Alheit freut sich. Und das Bild stammt von Kolja von der Lippe

Meine Sitznachbarin in der Veranstaltung ist allerdings ein wenig irritiert und murmelt etwas wie „das ist doch ’ne Hete, was macht die denn mit unserem Regenbogensymbol …“ – und auch einige andere empfinden den Duktus von Frau Schele, die alles in euphemistisch-klebrige Soße verpackt vollkommen vermessen. Kein Wort dazu, dass in Schleswig-Holstein Lesben. Schwule und Trans* seit vier Jahrzehnten für sich selber reden können. Alles ist ungeheuer wichtig, und erst mit dem Petze-Institut und dem LSVD zieht endlich planvolle, qualitativ hochwertige Arbeit ins Land ein.

Wenn das so wäre, dann könnte man sich schon fragen, was mit den Fördergeldern für lesbisch-schwule Projekte in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich gemacht wurde. Vermutlich sollte man die jetzt zurückfordern.

Immerhin, jetzt gibt es endlich mal Rückenwind aus der Politik in Form einer Rede der sichtlich berührten, aber nicht unbedingt gut informierten Ministerin, die eine Förderung der Projekte HAKI und NaSowas als im Rahmen des Landesaktionsplans „Echte Vielfalt“ stehend beschreibt. „Da haben wir richtig gute Dinge gefördert!“ – wie schön. Wozu braucht es dann Petze und LSVD, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben? Ach nee, die Schulaufklärungsarbeit der HAKI ist gar nicht landesgefördert? Hmmm. Naja.

Wozu also? Ich möchte das gar nicht beantworten, und ich weiß es auch nicht. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, welche guten Gründe es gegeben haben könnte, einen inkompetenten Verband mit Geld zu bewerfen und dafür langjährig verlässlichen Partnern aus der Projektelandschaft den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Einige lautere Stimmen aus den hinteren Reihen thematisieren das auch – unter anderem eine lesbische Lehrerin, die in der GEW lange an der Erstellung von Arbeitseinheiten für den Schulunterricht mitgearbeitet hat und sichtlich stolz auf das Ergebnis ihrer Arbeit ist. Sie sieht die Arbeit der GEW-Fachgruppe durch die Petze und den LSVD entwertet. Überraschend n diesem Zusammenhang: Auch Frau Schele ist sichtlich darüber irritiert, dass zu diesem Thema schon viele Vorarbeiten geleistet wurden. Es hatte ihr wohl auch niemand gesagt.

Einen Hinweis auf die Gründe bekommen wir allerdings bereits aus dem Protokoll der Landtagssitzung vom 24. Januar 2014 auf Seite 44. Dort verkündet die Ministerin:

Ich freue mich auch, dass gesellschaftliche Partner wie der Lesben- und Schwulenverband Schleswig-Holstein e. V. seine Bereitschaft signalisiert hat, an einem Aktionsplan mitzuwirken, und bereits ganz konkret Ideen eingebracht hat.“

Mit anderen Worten: hier ist er, der Beleg für Lobbyismus. Der LSVD Schleswig-Holstein hat sich selbst ins Spiel gebracht, und die Landesvorständin Agnes Witte, die Mitarbeiterin derselben Regierungsfraktion ist, die Frau Alheit ins Amt der Sozialministerin besetzte, betont allerorten und ungefragt, dass sie überhaupt keine Ahnung habe, wie und warum der LSVD als federführende Organisation zur Mitarbeit genötigt würde. Vor Zeugen. Oder übersetzt: der LSVD Schleswig-Holstein bewirbt sich beim Ministerium um die Ausrichtung des noch nicht beschlossenen Landesaktionsplans, ohne dass der Vorstand des LSVD Schleswig-Holstein das weiß? Das ist schwer zu glauben.

Die einfache Variante: man hat gar nicht drüber nachgedacht. Geld, Steuergeld ausgeben ohne nachzudenken, das kommt ja öfter vor. Die böse Variante überlasse ich der Phantasie der Leserinnen und Leser.