„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

So jedenfalls Artikel 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, und eigentlich klingt das wie eine eindeutige Sache. Das „sich aus allgemein zugänglichen Quellen“ durchaus auslegungsfähig ist, hat allerdings das OLG München mit Urteil vom 23. Oktober 2008 bewiesen.


In diesem Urteil geht es um einen Verlag aus der norddeutschen Tiefebene, der in seinem Online-Nachrichtendienst über Software berichtete, mit der ein Kopierschutz von DVDs und CDs ausgehebelt werden kann. Obendrein setzte der Verlag noch einen Link auf die Internetseite des auf den Cayman-Inseln beheimateten Herstellers, der Firma Slysoft.

Das OLG wertete das nun, anders als die Vorinstanz nicht als Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung sondern als gewerbsmäßige Teilnahme (da der Verlag um die Unrechtmäßigkeit der Kopierschutz-Knack-Programme gewusst habe, weil es so ja im Gesetzt stehe).Konsequenz: die Redaktion bzw den Redakteuren drohen nun bei derartigen Berichten eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Das ist in der Tat einzigartig, Journalisten bei Berichterstattung den Knast anzudrohen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob nicht LeserInnen der Online-Berichte auch ohne einen expliziten Link durch schlichte Eingabe des Wortes „Slysoft“ in das entsprechende Google-Suchfeld auch zur fraglichen Webseite von Slysoft finden würden – und weiter, ob sich Google, Yahoo, MSN und wie sie alle heißen dann nicht schon mit dem Anbieten eines Suchdienstes in gleichem Sinne strafwürdig verhalten. Alle in den Knast? Absurd.

Der Heise-Verlag kündigte inzwischen an, gegen die Entscheidung Berufung beim BGH einzulegen; obendrein möchte sich der Mitherausgeber und Chefredakteur Christian Persson, aufgrund der Begründung des OLG München selbst anzeigen: „Es ist ein absurder Vorgang, aber die Frage muss nun geklärt werden: Kann sich ein Journalist in Deutschland wirklich dadurch strafbar machen, dass er seinen Lesern den Zugang zu Originalinformationsquellen und damit die eigene Meinungsbildung erleichtert?“

Link zur Meldung auf heise-online:
http://www.heise.de/newsticker/OLG-Muenchen-bestaetigt-Link-Verbot-gegen-Heise–/meldung/119135

Das Urteil im Volltext (PDF):
http://www.heise.de/heisevsmi/19_Urteil_Oberlandesgericht_Muenchen_2008-10-23.pdf