Personelle Verquickungen gab es ja bereits in dieser Reihe von Blogpostings an einigen Stellen zu entdecken. Heute geht es darum, von wem Lesben, Schwule und Trans* in der Öffentlichkeit vertreten werden. Dabei geht es mal wieder um den LSVD Schleswig-Holstein, der gerne die Arbeit anderer Menschen annimmt, die Ergebnisse jedoch als eigene Erfindung präsentiert. Dabei ist er auch in der Wahl der Mittel nicht zimperlich und dringt gerne mal in geschützte Räume ein.

Das verwundert nicht wirklich.

Kiel, Frühsommer 2014 – ein Team des CSD Kiel e. V. hat auch in diesem Jahr die Party des Jahres für Lesben, Schwule und Transgender organisiert. Unter dem Motto „Fit für’s Coming-Out“ gibt es Lesungen, Parties, ein Straßenfest und eine Demonstration in der Kieler Innenstadt. Erfreulich, denn der CSD Kiel ist gerade, nach einer Episode, in der es unter anderem um veruntreute Gelder und die Nähe einiger Vorstände zur Kinderpornografie-Szene sehr turbulent zuging, wieder auferstanden aus Ruinen. Das war viel Arbeit, und ich habe es gern unterstützt. Danke an alle, die sich mit dafür engagiert haben, dass es einen CSD in Kiel gibt.

Jetzt also das Straßenfest auf dem Asmus-Bremer-Platz, und auf einmal ist der Norddeutsche Rundfunk auch mit einer Kamera dabei. Aber anstatt über das Thema Sport und Homosexualität zu berichten wird Konstanze Gerhard, Landesvorständin des LSVD Schleswig-Holstein interviewt und gibt ein paar Sätze zum Thema ‚Echte Vielfalt‘ zum besten. Das ganze ist zwar weitgehend inhaltsfrei, schafft es allerdings trotzdem in die Abendsendung des Schleswig-Holstein-Magazins.

Die Freude ist sehr geteilt, es hätte ja schließlich etwas zu berichten gegeben. Über die Allianz zwischen Landesfussballbund und dem CSD Kiel e. V., die tatsächlich Breitenwirkung im Sport entfalten könnte. Leider findet diese gesellschaftliche Dimension im TV nicht statt. Am nächsten Montag ist die Freude noch geringer, als die Ehrenamtler_innen vom CSD die Lokalpresse aufschlagen und erneut erleben müssen, wie der LSVD den CSD erklärt und sich selbst ins richtige Licht setzt. Es ist abenteuerlich, und so befreit man gesellschaftliches Engagement von Relevanz.

Aber es gibt ja durchaus Platz für Steigerungen.

Die Sprecherin auf ihrem Thrönchen.

Die Sprecherin sitzt vergnügt auf ihrem Thrönchen, nachdem sie einigen Transgendern ein Zwangsouting beschert hat. Es sieht aus als wäre es ihr egal.

Eine dieser Steigerungen ist der 20. Jahrestag der Abschaffung des § 175 StGB im Sommer 2014, zu dem der LSVD einen Journalisten des NDR aufgetan hat. Es werden Interviews geführt, unter anderem mit dem ehemaligen SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Joachim Wolter, der aus der Fraktion und aus dem Landtag gedrängt wurde, nachdem sein Schwulsein in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ruchbar wurde. Das war kein Ruhmesblatt für die SPD.

Darüber hinaus gedachte man beim LSVD noch, das Engagement anderer Vereine zu würdigen, indem man sie filmte. Ein schöner Zug ist es, wenn man so etwas vorher abspricht, und zwar mit dem betroffenen Träger. Hat man aber nicht – die Arbeitsweise des LSVD beschränkte sich in diesem Fall darauf, Einzelpersonen anzusprechen und sie mit dem Ansinnen von Filmaufnahmen komplett zu überrollen. Das geht genauso wie mit dem Bofrost-Vertreter, und Wintergärten kann man mit dieser Methode auch verkaufen.

Also rauschte ein Filmteam an einem Samstagnachmittag in die Räume der HAKI e. V., in denen gerade das Café deluxe stattfand. Wer das nicht kennt: nicht schlimm. Eine Caféveranstaltung, die hauptsächlich von Trans*-Menschen  vor, während und nach dem Coming-Out besucht wird. Da sind die Schamgrenzen hoch, die Angst vor Outing ist größer. Und denen möchte man eine Kamera ins Gesicht halten lassen? Aber ja, man möchte.

Wirklich schlimm daran ist es, dass die HAKI ihre Räume immer auch als Schutzraum versteht und das gegenüber Besucher_innen auch kommuniziert. Das ist also übergriffig, und der Flurschaden (in Form von Angst vor einem Zwangsouting) bei den Betroffenen ist erheblich. Nur dem LSVD, der ja für alle Lesben, Schwule und Transgender im Land sprechen möchte ist es vollkommen egal. Das man sich zum Schluss der Sendung noch daran erfreuen darf, dass die Landesvorständin des LSVD, Konstanze Gerhard, in den Räumen der Petze auf einem Thrönchen sitzt und sonderbare Sätze sagt: geschenkt. Es ist skurril.

Hier übrigens das Video der Sendung (man sehe mir die Kopie nach, in der Mediathek des NDR ist es nicht mehr auffindbar …):